Gôg - Was Tübingen ausmacht

FRÔG DR GÔG APRIL 2022 6 GÔG – WAS TÜBINGEN AUSMACHT Uhr. „Wir waren das Highlight, die Leute sind echt abgegangen“, erzählt Thomas Kuhn begeistert. Dass das Theater ausschließlich „mit seinem guten Namen“ bezahlte, es also für die zehn Musiker keine Gage gab, ließ sie das „Angebot“, alle zwei Wochen dort zu spielen, dankend ablehnen. Bald schrieb selbst das Magazin „Der Spiegel“ über die erfolgreiche Tübinger Schlagerband DTK unter der Überschrift „Ironischer Schlager“. Hans Weth drehte einen Spielfilm über die Band. „Der war allerdings ein ziemlicher Flopp und wurde schon nach drei Tagen in den Kinos wieder abgesetzt. Ich glaub, das hat uns selber am meisten Spaß gemacht“, meint Thomas Kuhn lachend. Vorhersehbar war so manches trotz des stetig wachsenden Erfolgs der DTKBand dennoch nicht. „Wir haben ein Konzert in der Hamburger Markthalle organisiert. Keine einzige Karte war im Vorfeld verkauft worden. 1000 Plätze und keine einzige verkaufte Karte! Wir waren so frustriert!“ Doch die Hamburger standen Schlange und die Tübinger spielten vor ausverkauftem Haus und begeistertem Publikum. 160 Konzerte pro Jahr folgten, die Band spielte jede Menge CDs ein. Die ersten 5000 produzierte übrigens Rimpo, das Tübinger Kultladen. Die größte Location? „Der Schlossplatz in Stuttgart. Im Rahmen der Fußball WM standen da 80 000 Leute. Das war das flashing Highlight!“ Und sonst? „Die Waldbühne in Berlin war immer ein großes Erlebnis.“ Dort fand auch ein Konzert der Abschiedstournee 1999 statt. „Wir waren ausgepowerd.“ Dafür verwirklichten die Musiker anschließend Ideen ganz anderer Art: Brecht/Weils Dreigroschenoper beispielsweise fand in Tübingen großen Anklang. Sechs Jahre nach dem Abschiedskonzert in der Schleyer-Halle in Stuttgart erstand die DTK-Band wie Phoenix wieder aus dem selbstgewählten Aschehaufen, „wir wollten es nochmal wissen“, sagt Kuhn. Auch dann: ausverkaufte Häuser und Arenen. „Die Fans hatten uns echt vermisst! Das hat uns unglaublich beflügelt.“ Das Publikum war jünger geworden, die Stimmung ausgelassen und friedlich. „Plötzlich flogen Sonnenblumen auf die Bühne, das war echt verrückt.“ Kuscheltiere und BHs waren immer noch darunter. Was ist mit all den liebevollen „Flugobjekten“ eigentlich passiert? „Die aus den ersten Konzerten haben wir alle aufgehoben, sie sind noch immer im Keller in einer Kiste“, verrät Thomas Kuhn lachend. Gegen die aufkeimende Winterdepression half sich Thomas Kuhn mit einer neuen Idee: „Songs from above“. „Es waren unfassbar viele gute Musiker gestorben. Daraus entwickelten wir die Konzerte im ehemaligen Autohaus.“ Auch diese waren ein Publikumsmagnet, die geplanten vier Konzerte im ersten Jahr mussten um etliche verlängert werden und sind zu einem festen Bestandteil der Tübinger Musikevents im Winter geworden, klein und genial. Falls Corona keinen Strich durch die Rechnung macht. Hat es aber. „Wir vermissen die Bühne unendlich, wie alle anderen Künstler auch“, sagt Thomas Kuhn. „Wir hatten entschieden, keine Online-Konzerte zu streamen – DTK muss live sein. Wir kommen wieder, wenn man sich umarmen und küssen darf.“ Stattdessen halfen er und Philipp Feldtkeller unermüdlich der gemeinsamen Freundin Lisa Federle beim Umsetzen und Entwickeln der Teststrategie während der Pandemie. „Sie wünschte sich ein Plakat für das Test-Mobil, da ist Philipp der Crack. Und plötzlich waren wir mitten drin.“ Die beiden halfen bei der Planung und Logistik und standen ein gutes dreiviertel Jahr ehrenamtlich fünf bis sechs Stunden täglich auf dem Tübinger Marktplatz am Test-Mobil. Musikalisch ganz untätig waren Thomas Kuhn und seine Band in den vergangenen Monaten natürlich nicht. „Irgendwann haben wir‘s nicht mehr ausgehalten und angefangen zu planen“, verrät er. „Es ist ein völlig neues Projekt, das im Country-Gewand daher kommt.“ „Landpartie“ ist der Arbeitstitel, 16 Songs von Falco über Grönemeyer bis Purple Schulz sind dabei, „bis zur Unkenntlichkeit vercountryt“, verspricht Thomas Kuhn. Und: „Wir proben schon!“ Für Fans zum Vormerken: Am 22. Juli ist DTK im Rahmen des Sommernachtskinos hinter dem Technischen Rathaus mit dem Programm erstmals zu hören. Lange brauchen die Fans also nicht mehr zu warten: DTK is back. Und Thomas Kuhn bleibt weiter der bodenständige Tübinger, der er immer war. „Ich hänge an meiner Heimat. Tübingen ist meine Stadt, klein und übersichtlich. Hier fühl ich mich wohl. Ich wüsste nicht, was mich von Tübingen weg bringen könnte.“ »Tübingen ist meine Stadt. Ich wüsste nicht, was mich von hier weg bringen könnte. Thomas Kuhn Musiker und Masseur Ohne Fönwelle kein DTK: Sie ist das optische Markenzeichen von „Dieter Thomas Kuhn“ neben 70er-Outfit und Brusttoupet. Das Plakat entstand für das allererste Konzert im Weilheimer Kneiple. // Bild: Erich Sommer

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwMTE=