MATINÈE: Kathedralen der Kultur

Sonntag 21.01.18 - 10:30 Uhr



Abendkasse k.A.


Beschreibung

KATHEDRALEN DER KULTUR lässt sechs hervorragende und höchst unterschiedliche Bauwerke für sich selbst sprechen.
Veranstaltungsbeginn: 10:30h
Film: 11h
Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Architektenkammer Tübingen/Reutlingen statt.


Das 3D-Filmprojekt erkundet, wie Gebäude unsere Kultur reflektieren. Aufgeladen mit den Gedanken und Gefühlen der Personen, die sie erbauten und die sie benutzen, sind diese Gebäude voller Zeugnisse der Vergangenheit, der Gegenwart und sogar der Zukunft. Sie besitzen ein Gedächtnis und sind ein Abbild unserer Gesellschaft.

Sechs renommierte internationale Regisseure verleihen dem Projekt ihren jeweils eigenen Stil und beantworten in einer unverwechselbaren Handschrift die Frage: “Wenn Gebäude sprechen könnten, was würden sie uns erzählen?”

1) Die Berliner Philharmonie
Anfang der 1960er-Jahre standen sich am Potsdamer Platz zwei Bauwerke als konkurrierende Visionen für die Zukunft gegenüber: die Berliner Philharmonie, ein Zeichen der Offenheit und des Aufbruchs und die Berliner Mauer, ein Symbol der Angst und Unterdrückung. Ein halbes Jahrhundert später steht im Herzen von Berlins kulturellem Zentrum, in der einst vom Krieg verwüsteten Stadtlandschaft, nur noch Hans Scharouns legendäre Philharmonie, eine atemberaubende Ikone der Moderne.

In Wim Wenders’ Die Berliner Philharmonie erleben wir das Gebäude durch die Augen etlicher seiner Besucher und Mitarbeiter, die alle auf ihre Art tief mit ihm verbunden sind. Wir lauschen den Orchesterproben im Konzertsaal, wo Scharoun die Bühne radikal neu erfand, indem er es wagte, sie mitten im Publikum zu platzieren. Der Film erlaubt uns Blicke und Einblicke in das Innenleben dieses legendären Hauses. Debussys »Jeux« bildet den Soundtrack für die bis heute wegweisende Architektur der Philharmonie.

WIM WENDERS (D)
Geboren 1945 in Düsseldorf. Medizin- und Philosophiestudium in Freiburg und Studium an der HFF in München. Gründungsmitglied und seit 1996 Präsident der European Film Academy. 2011 wurde sein 3D-Tanzfilm “Pina” im Wettbewerb der Berlinale (Außer Konkurrenz) uraufgeführt und erhielt eine Oscar-Nominierung. Dreht augenblicklich in Montreal seinen 3-D-Spielfilm “Every Thing Will Be Fine”.

2) Die Russische Nationalbibliothek
Seit ihrer Einweihung im Jahr 1814 hat die von Yegor Sokolov entworfene Russische Nationalbibliothek in St. Petersburg die turbulente Geschichte des Landes miterlebt. Ihre Mauern behüten ein Reich der Gedanken, das mit großer Sorgfalt und Zärtlichkeit von den meist älteren Bibliothekarinnen gepflegt wird. Das Echo ihrer Schritte in den labyrinthartigen Gängen unterstreicht die Stille in den meist leeren Lesesälen.

In Michael Glawoggers Die Russische Nationalbibliothek kommt die ehrwürdige Bibliothek durch Auszüge aus einigen ihrer größten Schätze zu Wort. Jenseits ihrer Mauern allerdings pulsiert eine Welt, die mehr und mehr auf die virtuelle Speicherung von Daten und Information vertraut und in der Bibliotheken und Buchläden langsam an Bedeutung verlieren. Der Film setzt der vergänglichen Schönheit der Bücher und ihrer Schutzräume ein Denkmal.

MICHAEL GLAWOGGER (A)
Geboren 1959 in Graz. Studium am San Francisco Art Institute und an der Wiener Filmakademie. Arbeitete als Filmemacher, Fotograf und Autor und pendelte zwischen filmischen Formen und Genres. Mit "Whores‘ Glory" vervollständigte er 2011 seine Trilogie zum Thema Arbeit. Michael Glawogger verstarb am 22. April 2014 bei den Dreharbeiten zu seinem neuen Dokumentarfilm "Untitled" in Libera. Sein Beitrag über "Die Russische Nationalbibliothek" für "Kathedralen der Kultur" ist eines seiner letzten filmischen Projekte.

3) Das Halden Gefängnis
Das norwegische Halden Gefängnis wurde vom dänischen Architekturbüro EMA entworfen und vom Time Magazine als „das humanste Gefängnis der Welt“ bezeichnet. Seit der Eröffnung 2010 sitzen in dem Hochsicherheitsgefängnis einige der gefährlichsten norwegischen Kriminellen ein. Doch können gitterlose Fenster und Panoramablicke auf die umgebende Natur knallharten Kriminellen wirklich helfen? Kann ein Gefängnis überhaupt jemals »human« sein?

Traditionell werden Gefängnisse als Bestrafungsinstitutionen gestaltet – in ihnen drückt sich das Limit der gesellschaftlichen Toleranz aus. Doch Michael Madsen zeigt in Das Halden Gefängnis wie diese Anstalt diesen Trend umkehrt und »normales Leben« imitiert. Seine frei schwebende Kamera bildet einen Gegenpol zur Haftsituation der Insassen – so zeigt Madsen die dünne Trennlinie zwischen dem humanistischen Konzept der Rehabilitierung und dem Bedürfnis nach Rache und Bestrafung innerhalb der Gesellschaft.

MICHAEL MADSEN (DK)
Geboren 1971 in Kopenhagen. Studierte Kunstgeschichte und ist tätig als Regisseur und Konzeptkünstler; Gründer und künstlerischer Leiter der Sound/Gallery in Kopenhagen. Sein Dokumentarfilm “Into Eternity” (2010) porträtiert das weltweit erste nukleare Endlager. “The Visit: A Film On The Ultimate Copernican Revolution” befindet sich derzeit in Postproduktion.

4) Das Salk Institut
1959 bat der berühmte Virologe Jonas Salk den Architekten Louis Kahn, seinen Traum von einer neuen Art Forschungsinstitut zu entwerfen – er wünschte sich einen Ort, wie er sagte, an dem sich Picasso zu Hause fühlen würde. Salk stellte sich ein „Kloster“ an der kalifornischen Küste vor, wo die Wissenschaftler im Einklang mit der Natur und weit abseits der Ablenkungen durch die moderne Welt arbeiten konnten. So ergab sich die einzigartige Zusammenarbeit zweier Männer, die zu den außergewöhnlichsten Köpfen des 20. Jahrhunderts zählen.

Robert Redfords Das Salk Institut offenbart Kahns außergewöhnlichen Entwurf als modernes Meisterwerk, als Hommage an den rechten Winkel. Der Film ist eine Reflexion über die existenzielle Qualität eines Ortes. Kann die Seele eines Bauwerkes die Menschen, die in ihm arbeiten so beeinflussen, dass sie Außergewöhnliches vollbringen? Untermalt von Mobys Musik porträtiert der Film auf meditative Weise einen monumentalen Ort und zwei Denker, deren Überzeugung es war, dass Gestaltung den humanistischen Idealen dienen kann.

ROBERT REDFORD (USA)
Geboren 1936 in Santa Monica, USA. Tätig als Schauspieler, Regisseur, Produzent und Umweltaktivist. 1981 erhielt er einen Oscar für sein Regiedebüt “Ordinary People” und 2001 den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk und seine Arbeit als Gründer des Sundance Institute. Mit dem Sundance Institute und Film Festival fördert er innovative unabhängige Filmemacher. In J.C. Chandors Überlebensdrama “All Is Lost” ist er derzeit in den Kinos zu sehen.

5) Das Oslo Opernhaus
2008 etablierte sich ein elegantes neues Bauwerk in dem von Problemen belasteten Hafen im Zentrum von Oslo. Das vom Architekturbüro Snøhetta gestaltete Opernhaus erwächst aus dem Fjord und beherbergt die Norwegische Oper und das Ballett. Sein scheinbar endloses, schneeweißen Marmordach und das elegante Interieur ziehen gleichermaßen Besucher an. Die Architektur lässt hier die üblicherweise strikte Trennung zwischen innen und außen verschwimmen – und bietet so eine einzigartige Mischung aus Hochkultur und Naherholung.

Margareth Olins Das Oslo Opernhaus dokumentiert die zahllosen Menschen, die das schneeweiße Dach täglich überqueren, und Hunderte von Mitarbeitern und Performern des Hauses, die das Leben „dort oben“ auf die Bühne übertragen. Olin zeigt mit ihrem Film, wie sehr dieses Gebäude eine Symbiose von Kunst und Leben darstellt.

MARGRETH OLIN (NO)
Geboren 1970 in Stranda, Norwegen. Journalismusund Filmstudium in Bergen und Oslo. Dreht und produziert Dokumentar- und Spielfilme, inszeniert Theaterstücke. Der Fokus ihrer Arbeit liegt auf sozialen und politischen Themen. Ihr Spielfilmdebüt “The Angel” war der norwegische Oscar-Beitrag 2010. Ihr Dokumentarfilm “Nowhere Home” erhielt den norwegischen Filmpreis 2013.

6) Das Centre Pompidou
Das Centre Pompidou wurde 1977 von Renzo Piano und Richard Rogers gebaut und stellt ein demokratisches Versprechen als eine verspielte Utopie dar, die einer großen Bandbreite von Besuchern ein ebenso breites Kulturangebot bietet. Das Centre Pompidou erinnert an einen geschäftigen Flughafen, der von der Energie erwartungsvoller Reisender aufgeladen ist. Ähnlich begeistert strömen hier die Besucher durch die Kunstgalerien, Archive und Bibliotheken, Veranstaltungsräume und Kinos, ins Restaurant und auf die Aussichtsplattform.

Karim Ainouz‘ Das Centre Pompidou zeigt einen Tag im Leben dieses Pariser Wahrzeichens, gleitet durch die futuristischen, gläsernen Rolltreppenröhren, hält inne beim dramatischen Blick über Paris und in den reichen Sammlungen moderner Kunst und führt uns in die verborgenen Räume. Das Centre Pompidou ist wie ein Riesenmagnet im Zentrum der Stadt und der Film fängt die magische Anziehungskraft ein, die das Gebäude auf Einheimische und Fremde, Routiniers und Erstlinge ausübt.

KARIM AINOUZ (BR/D)
Geboren 1966 in Fortaleza, Brasilien. Studierte Architektur in Brasilia und Film in New York. Er dreht Spiel- und Dokumentarfilme und unterrichtet Drehbucharbeit. Seine Kunstinstallationen wurden weltweit ausgestellt. Sein Spielfilmdebüt “Madame Sata” hatte 2002 in der Reihe “Un Certain Regard” in Cannes Premiere. Sein Spielfilm “Praia Do Futuro” läuft im diesjährigen Berlinale Wettbewerb.
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Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Architektenkammer Tübingen/Reutlingen statt.




Veranstaltungsort

Kino Arsenal

Am Stadtgraben 33
72070 Tübingen

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